Ich war noch sehr jung als uns Uta die Bombe zündetet. Vor laufender Kamera, selbst sicher, kämpferisch, eloquent, faszinierend. Und viele hörte ich sagen: Endlich mal jemand, der es dem polnischen Popen und dem ganzen frömmelnden Pack so richtig zeigt.
Die, die das sagten, waren jedoch sehr weit entfernt von den ... heute würde man wohl Schlafschafe sagen, die das Volk in Utas Augen war.
Meine Mutter fand sie z.B. ganz großartig. Nur war Mama von einer reformierten Gemeinde rausgeschmissen worden, die das Scheitern ihrer ersten Ehe für ein recht eindeutiges Zeichen hielten, dass es mit ihrer Auserwähltheit nicht all zu weit her sein konnte. Ja, das gab es mal. Auch in der evangelischen Landeskirche in NRW gabe es bis in die 70iger noch Gemeinden, die fröhlich Geimeindezucht in dieser Art betrieben.
Mein Vater fand sie witzig. Er war zwar katholisch getauft worden und das war es dann auch gewesen. Mein Großvater hatte ihn wohl nur katholisch taufen lassen, weil man das damals so machte. Opa und Papa glaubte nach eigenen Angaben nur an sich selber. Auch deshalb hatte meinen Großvater die Ablehnung der ebenfalls maximal kultur-lutherischen Familie meiner Großmutter sehr getroffen. Meine Oma war wegen dieser Liebesheirat von ihrer Familie verstoßen worden. Einen Papisten wollte in der sehr preußisch-blauen Heimat meiner väterlichen Großeltern niemand. Die frühe Mitgliedschaft bei der NSDAP löschte schlagartig diesen Markel.
Dass ich überhaupt getauft wurde, hab ich meinen Großeltern mütterlicherseits zuverdanken. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass irgendwer wahnsinnig an meiner Erziehung in irgendeinem Glauben interessiert war. Zu meiner Firmung ist niemand von meiner Familie mehr aufgetaucht. Das lag irgendwie ganz ungünstig an nem Wochenende und irgendwie hatte man da schon Urlaub gebucht, oder so.
Ich frag mich immer mal wieder, warum gerade Leute, die so richtig mit Jesus und seiner Kirche so gar nichts am Hut haben, die Uta so wahnsinnig wichtig fanden. Warum dieser Jubel, wenn das was da attackiert wird, im eigenen Leben überhaupt keine Bedeutung hat?
Als Kind hab ich es so überhaupt nicht verstanden, aber ich hab mitgeschnitten, was da vor allem über JP2 gesagt wurde. In der öffentlichen Meinung war da ein polnisches Bäuerlein auf den Stuhl Petri gehievt worden, der vor allem politische Ziele verfolgte und sich zu sehr in die internationale Politik einmischte. Was er sicher auch tat. Dass er eben nicht der dumme polnische Bauer war, hätte auffallen könenn, wenn man seine Schriften ernsthaft gelesen hätte. Anders als z.B. in den USA wurde allerdings hier in den Gemeinden nicht gelesen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in irgendeiner Gemeinde dazu mal was angeboten worden wäre. Und ich bin rumgekommen. Die Mittwochs-Katechesen, die am Ende die JP2s Theologie des Leibes begründeten, gingen nicht nur an der deutschen öffentlich-rechtlichen Öffentlichkeit, sondern auch an den meisten Gemeinden völlig vorbei.
Während man in USA versuchte mit damals noch relativ jungen Papst mit zu denken und sich gleichzeitig gegen die oft sehr aggressive missionierenden Evangelikalen zu wehren, saß in deutschen Wohnzimmern Uns-Uta im grift-grünen Leder und ließ sich lang und breit darüber aus, wie sehr ihr diese polnische Marienfrömmigkeit auf den Senkel ging. Eine ganz merkwürdige Haltung für jemanden, der sich im linken politischen Spektrum selber verortet hat, finde ich.
Anders als andere Kirchenkritiker war dann ja auch noch der Heinemann hinter der Ranke. Und das finde noch zusätzlich sehr interessant im Nachhinein. Als sie ihre Bombe zündetet, tat sie das im WDR und ausgerechnet in einer Live-Sendung aus Kevelaer. Aber der Zünder an sich war bei genauer Betrachtung nicht so sehr eine theologische Meinung, sondern eine absolut unhaltbare politische Anschuldigung: „Viele Juden sind umgebracht worden, weil sie nicht an die Jungfrauengeburt glauben konnten. Und ich kann das auch nicht“. Warum dieser Unsinn von so vielen Seiten beklatscht wurde, ist für mich heute nicht mehr nachzuvollziehen. Es ist wohl als Letztes die Jungfrauengeburt, die einen Juden vom Glauben an Jesus als den Messias abhält und es gibt geschichtlich viele verschiedene Gründ, die Juden zur Zielscheibe für Verfolgung machten. Hier schwang dann aber sehr deutlich der Vorwurf an die katholische Kirche mit, während der NS-Zeit nichts gegen die Massenvernichtung getan zu haben. Eine sehr gewagte These, die von Ralf Hochmut und seinem fiktionalem Stellvertreter in der Vorstellung der deutschen Öffentlichkeit zum Fakt verfeuilletoniert und vertalkshowed wurde. Das Hochmut von Ostblock gefördert wurde, dem damals sehr an der Diskreditierung des Vatikans lag, fiel auch 2016 wieder in den Medien sehr unter den Tisch als Der Stellvertreter verfilmt wurde.
Je länger ich über das Spektakel um diese Aussage nachdenke, um so mehr beschleicht mich der Verdacht, dass die Professoressa so ziemlich alles gesagt oder getan hätte, um die Scheinwerfer und Mircos auf sich zu ziehen.
Ich sehe da keine Frau, die nach der Wahrheit sucht oder den Glauben vermehren will oder auch nur ansatzweise was zum Lobpreis Gottes macht. Ich sehe da jemanden mit einer Agenda, der die Geschichte durchwühlt, um Stützen für ihre Weltsicht zu ergattern. Sie wird fündig ohne Frage, aber was sie am Ende daraus konstruiert beherbergt keinen christlichen Glauben mehr. Es liegt halt wirklich nicht nur am Hymen, wenn Gott in unserem Leben kein Fleisch annimmt.
Ihr feministischer Ansatz altert leider nicht gut. Auch weil uns Frauen inzwischen sehr bewusst ist, dass die sexuelle Befreiung nur sehr wenige echte Freiheiten für Frauen bietet.
Ihr Dauerbeschuss des Zölibats als Quelle allen Ungemachs und später auch als Hauptursache für die Missbrauchskandale verpuffen, weil es in zwischen gefühlt dreitrillionen Untersuchungen gibt, die keine Verbindung zwischen Zölibat und Pädophilie belegen konnten. Neben so Sachen wie der John-Jay-Studie aus 2004 oder der dem Missbrauchsbericht der Southern Baptists Convention, die feststellt, dass es nicht nur nicht am Zölibat liegt. Auch nicht unbedingt an der Stellung innerhalb der Gemeinde, weil dort die Mehrzahl der Beschuldigten nur ehrenamtlich in den Gemeinden tätig waren.
Es bröselt für mich auch dies sehr deutsche Sichtweise, dass sich das Thema Missbrauch erledigt, wenn wir synodaler werden. Synodaler als die SBC geht es eigentlich nicht. Aber das nur am Rande.
Dass man ihr unbedingt noch einen Lehrstuhl basteln musste, verstehe ich nur, wenn ich sie eben nicht als Theologin und Gottsucherin sehe, sondern als Galionsfigur einer linken Bildungselite und des bundesdeutschen Polit-Adels.
Im Nachhinein sieht für mich die hochgelobte und so geistreiche Professorin dann doch eher wie ein grell-kreischender Rodeo-Clown aus. Dass sie von unseren kfd-Trullas immer noch über den mint-grünen Klee gelobt wird, kann ich ehrlich gesagt nicht fassen. Auf der anderen Seite hab ich auch noch nie was über die Theologie des Leibes von einer Kfdlerin gehört, auf jeden Fall nichts positives.
Ich glaube inzwischen, dass solche Rodeo-Clowns eines der Hauptprobleme der katholischen Kirche in Deutschland sind. Ich würde mich da sehr gerne täuschen.